Zurück in Deutschland – Rückblick auf meine Entwicklung

Vor fast einem Jahr saß ich draußen im Garten, die Nacht vor meinem Flug nach Australien. Ich sah neun Sternschnuppen, ohne damals zu wissen, dass ich tatsächlich neun Monate unterwegs sein werde. Das find ich rückblickend irgendwie schön.

Die Sternschnuppen stehen für mich symbolisch für all die Wunder, die ich erleben durfte. Für den Beweis, wie magisch das Leben ist.

Für mich war es die beste Entscheidung denn je, nach meinem Abitur einfach alleine loszuziehen. Nicht unbedingt, weil ich aus Prinzip viel sehen wollte, wie man so schön in dem Spruch „Das Leben ist ein Buch und wenn du nicht reist, liest du nur eine Seite“ sagt. Nein, ich denke es geht nicht darum, ständig neue Länder zu bereisen, sondern darum, die Welt mit anderen Augen zu sehen – als das große Ganze. Aber Reisen hat geholfen, weil ich durch das Eintauchen in andere Kulturen und das Treffen auf neue Menschen erst anfing, meine Sichtweisen zu hinterfragen. Ich gewann Abstand von meiner Situation zu Hause und lernte, diese in einem völlig neuen Licht zu betrachten. Mich selber und meine Handlungen ebenfalls, weil ich aus der Distanz eine Art Beobachterhaltung einnahm.

Es ist so, als wäre ich einfach einmal aus meinem gewohnten Umfeld, meiner Komfortzone, rausgezogen worden und am anderen Ende der Welt wie ein kleines Playmobilpüppchen abgesetzt worden, um genau das zu erfahren.

Und ich kann es absolut jedem so sehr ans Herz legen. Warum: In der Schule wurde uns immer eine Richtung vorgegeben. Da sind gewisse Vorschriften und Regeln, an die man sich einfach zu halten hat. Tagesablauf steht, weil Anwesenheit Pflicht ist. Drumherum wird dann der Rest des Lebens geplant. Naja und wenn die Schule eines Tages vorbei ist, ist da erstmal Leerlauf, plötzlich kein vorgezeichneter Weg. Dann kommen vielleicht andere Fragen als vorher auf. Wie will ich eigentlich mein Leben gestalten? Wie sieht ein gelungener Tag für mich aus? Mit welchen Menschen umgebe ich mich gerne? Und zuletzt: Warum bin ich hier und wer bin ich hinter all meinen Überzeugungen? Für mich war es das wichtigste, nach der Schule mich selbst zu finden und das auch voll ausleben zu können.

Also einfach los. Auch wenn es Ängste gab. Trotzdem war da von Anfang an ein gewisses Urvertrauen. Losgehen, ohne zu wissen, wie es funktioniert. Das wird schon alles.

Und was soll ich sagen? Es ist eigentlich unfassbar, was diese Reise mit mir gemacht hat.

Ich fühl mich einfach nur frei. Selbstständig und unabhängig. Endlich klar im Kopf, allerdings nach ein paar anfänglichen Schwierigkeiten nach meiner Rückkehr. Was meine ich damit? Ich merkte, wie ich in alte Muster verfiel. Dinge, die ich dachte, aufgelöst zu haben, holten mich ein. Nachdem ich diesen Entwicklungsprozess durchgemacht habe und dann wieder in meine alte gewohnte Umgebung kam, wurde nochmal alles, was ich mir angeeignet habe, auf die Probe gestellt.

Alles was ich theoretisch auf meiner Reise gelernt habe, kann ich seit ich zurück bin erst so richtig in der Praxis umsetzen, weil mir die passenden Aufgaben gestellt werden. Das ist ein Prozess, der nicht aufhört.

  • Ich merkte, wie gedankenverloren ich war, als ich zurück kam. Überwältigt von all den Veränderungen und Entscheidungen, die zu treffen waren. Und lernte schnell, dass mich meine Gedanken nicht auf den Weg führen, den ich einschlagen möchte. Höre ich auf mein Gefühl und schalte den Kopf aus, kommen alle Antworten wie von alleine. Denn es ist sowieso alles bereits in mir. Der Verstand stellt die guten Fragen und das Herz gibt die richtigen Antworten. Es gibt keine Probleme, sondern nur Wahrnehmungsstörungen, weil letztendlich alles auf die Perspektive ankommt. Es ist bloß eine ungelöste Aufgabe, die ich bewältigen kann, wenn ich meinen Horizont erweitere und so neue Lösungen entdecke. Diese Einsicht habe ich erst vor einigen Tagen gehabt als es um einige Entscheidungen ging. Beispielsweise, wie es für mich weiter geht, was und wo ich studiere. Ich erkannte, wann ich aus Angst und wann aus dem Vertrauen heraus entscheiden wollte. Entscheidung aus der Angst heraus: Ich bleibe in meiner Umgebung, ziehe nicht um. Hier ist ja alles sicher. Habe hier meine Freunde und Familie, die ich dann immer sehen kann. Entscheidung aus dem Vertrauen heraus: Ich ziehe weiter und bewege mich aus meiner Komfortzone, um weiter zu wachsen. Um später auf mein Leben zurückzublicken und nicht zu bereuen, Furcht vor etwas Neuem gehabt zu haben. Ich öffne mir neue Türen. Ich erlaube, neue Menschen in mein Leben treten zu lassen. Bleibe in der Zuversicht, dass sich an meinen engsten Beziehungen dadurch nichts ändert. Selbst wenn es mir nicht gefällt, kann ich jederzeit einen anderen Weg einschlagen. Meine Entscheidung traf somit aus dem Vertrauen heraus auf ein Studium in Münster. Alles andere als aus der Welt, immer noch nah an der Heimat und weit genug weg, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.
  • Beobachtet wie ich an alten Zeiten festgehalten habe, obwohl Zeit für Veränderung war. Nicht loslassen konnte. Dabei geht doch dadurch nichts verloren. Alles was war, wird doch nicht mehr rückgängig gemacht. Es ist Teil des Museums meines Lebens. Und ich bin dankbar für all die Menschen, die bereits darin auftauchen. Aber ist es denn wirklich so schlimm, wenn wir jeder irgendwann unseren eigenen Weg gehen? Als Mensch weiter wachsen? Was ändert das an den Beziehungen an sich und den Erinnerungen, die man teilt? Rein gar nichts. Das ist nur das Ego, was Verlustängste hat. Eine Illusion, weil es gar nichts zu verlieren gibt.
  • Zu geben und zu sein statt zu haben. Im Haben-Modus definiert sich mein Selbst über den Körper, über Beziehungen, über den Job. Alles äußere Umstände. Erkenne ich die Fülle aber in mir, erkenne ich sie auch in allem im außen. Keine Manipulation mehr vom Wirtschaftssystem, das mir durch Marketing einreden will, dass ich für das wahre Glück im außen suchen muss indem ich kaufe, anstatt alles was ich brauche in mir zu finden. Aber kann ich irgendwas aus dem Konsum mitnehmen, wenn ich gehe? Durch das minimalistische Leben als Backpackerin ist mir das so richtig bewusst geworden. Am Ende meiner Reise zählte nicht, was ich anhatte oder wie gut meine Unterkunft war. Wichtig war, wie ich im Leben der Menschen, die mir begegneten ein Licht hinterlassen habe und umgekehrt. Weil wir alle unser Geschenk für die Welt haben, das es gilt zu teilen. Living is giving. Und willst du anderen helfen und dienen, fülle zunächst dein eigenes Glas. Das war rückblickend der Prozess, als ich weg war – nicht nur eine Reise in andere Länder, sondern vielmehr eine Reise zu mir selbst.

Danke, dass du dir über all die Monate hinweg die Zeit genommen hast, dich meinen Blogeinträgen zu widmen. Das bedeutet mir viel. Ich hoffe, dir in irgendeiner Weise etwas mit auf den Weg gegeben zu haben, denn mit Sicherheit bist du nicht ohne Grund darauf gestoßen. Wir leben zwar alle in unserer eigenen kleinen Welt und durchleben unsere eigene Reise, aber im Endeffekt sind wir doch alle Teil von etwas so viel größerem und dadurch alle miteinander verbunden.

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